Emergent-Nachlese (8): rot/blaues und grünes Evangelium

Gott war ein nach innen vielleicht freundlicher-strenger Herrscher, aber hart gegen die Feinde (egal ob das nun die Nachbarvölker, die Barbaren, andere Religionen oder Konfessionen sind). In der Logik der Spiral Dynamics, die Jens so gut dargestellt hat, ist das die blaue (und teilweise auch rote) “Frequenz”.Heute ist dieses Evangelium schlicht nicht mehr vermittelbar…. Die meisten von uns empfinden intuitiv so: Wie kann man sagen, dass Gott Liebe ist, wenn sein Heil am Ende nur wenigen Auserwählten gilt? Oder muss man nicht Angst und Abscheu vor einem solchen Wesen empfinden – so wie in diesem Cartoon auf ASBO Jesus:Muss man nicht sogar gegenüber einem solchen Gott (wie ihn das “blaue” Evangelium für “grüne” Ohren beschreibt?)

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Emergent-Nachlese (7): Sub- oder Gegenkultur?

In vielen kritischen, ängstlichen oder polemischen Reaktionen auf das Reizthema Emerging Church wird immer wieder unterstellt, hier finde ein Ausverkauf des Evangeliums an den Zeitgeist statt…. Hier liegt das Dilemma konservativer Christen: Luther (oder wer immer nun die Ikone der jeweiligen Bewegung ist) hat in seiner Zeit das Richtige getan (ok, es war auch nicht alles gut)…. In der Subkultur findet kein gesellschaftlicher Diskurs auf Augenhöhe mehr statt, in dem man sich um Verstehen bemüht, selbst dazu lernt und sich auch selbst in Frage stellen lässt, sondern man will die eigene Meinung bestätigt bekommen (im Namen der “Wahrheit”), andernfalls zieht man sich schmollend, schimpfend oder resigniert zurück. Aus dem von Feinden und Verrätern umzingelten Ghetto werden (ich sag’s jetzt mal frech) nur noch sporadische Ausfälle organisiert, um in die publizistische Bredouille geratenen Seelenverwandten wie Eva Herman beizuspringen.

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Emergent-Nachlese (6): Weltenwanderer

Hier sind sie: Weltweit findet das größte Wachstum der Kirchen da statt, wo Menschen aus einer vormodernen in eine moderne Kultur wechseln – durch Migration, Bildung und/oder technischen Fortschritt. Innerhalb der Kultur der Moderne wachsen die Kirchen kaum, sondern schrumpfen eher moderat…. Kultur sieht es anders aus – da existiert praktisch noch gar keine Kirche.Momentan spielt das “Wohlstandsevangelium” eine große Rolle, im Westen wie in Lateinamerika, Afrika und Asien. Aber die Kinder derer, die darauf anspringen, wenden sich vom Glauben der Eltern (hoffentlich nicht auch vom Glauben an Christus) in der Regel wieder ab.

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Emergent-Nachlese (4): Die zwei Listen

Ein Schlüsselerlebnis, von dem Brian letzte Woche mehrfach berichtet hat, war eine Freizeit mit Jugendlichen vor gut zwanzig Jahren. Zuerst fragte er die Gruppe nach den Problemen, über die man sich in der Kirche Gedanken macht. All diese Themen schrieb er auf ein Flipchart und hängte es an die Wand: Musikstil im Gottesdienst, Umgang mit bestimmten Geistesgaben, dürfen Frauen predigen, und so weiter.Dann fragte er nach den Themen, die unsere Gesellschaft beschäftigen: Hunger, Bevölkerungsexplosion, Krieg, ABC-Waffen und einiges mehr…. Die Frage war und ist seither: für welche Liste setzen wir unsere Zeit, Kraft und Talente ein?

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Emergent-Nachlese (3): Brian McLaren

Heute morgen flog er recht angetan und fröhlich vom emergent Forum wieder nach Hause. Er ist ein netter und unkomplizierter Mensch und ein guter, aufmerksamer Zuhörer – bei Vielrednern ja nicht so häufig.Wenn Brian spricht, hat er aber wirklich etwas zu sagen…. Er hat ein sehr weites Herz für die Ungeduldigen und die Querdenker – auch das gefällt mir an ihm. Selbst über die bösartigsten Kritiker spricht er mit augenzwinkerndem Respekt.Immer wieder ist es Brian gelungen, aussagekräftige Bilder zu finden: Die Brücke neben dem Fluss, die emergenten Jahresringe am Baum (als Rinde habe ich mich noch nie betrachtet).

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Emergent-Nachlese (2): Facebook

Daniel Ehniss hat am schnellsten gehandelt und eine Emergent Deutschland Gruppe bei Facebook eingerichtet. Toby Faix würde jetzt bestimmt sagen: “Find‘ ich gut!” ;-)Nachdem es ja keinen Verein mit formaler Zugehörigkeit gibt und fast alle Teilnehmer des Forums wie auch terminlich und gesundheitlich verhinderte Sympathisanten online sind, kommt das am Nächsten hin an eine Mitgliedschaft.

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Emergent-Nachlese (1): Der angebissene Apfel

Apples “Think different” ist sicher ein gutes Motto: Hier tummeln sich Early Adopters, der creative fringe, und was einem sonst noch an soziologischen Klassifizierungen einfallen mag. Mich hat der angebissene Apfel aber auch daran erinnert, dass die Postmoderne ein starkes Gefühl für verlorene Unschuld entwickelt hat. Was die Politik angeht, ist das in Europa vielleicht stärker als in den USA: das Misstrauen gegen unsere Lösungen für die Probleme anderer – vor allem, wenn man das mit Gewalt durchsetzen muss.Beim Betrachten des NS-Dokuzentrums mit unseren Gästen fiel aber auch auf, wie unsere Sprache und Medien im Zuge der NS-Propaganda ihre Unschuld verloren…. Das Vietnam-Trauma hat nicht ausgereicht, um die amerikanische Zuversicht, in der Welt gehe es um “Gut gegen Böse und am Ende gewinnen wir” (so sagte das einst Bruce Willis) zu zertrümmern…. An dieser Stelle setzt auch Pete Rollins‘ How (Not) to Speak of God an: Nicht nur ist alles schon gesagt über Gott im Guten wie im Schlechten, sondern unsere Begriffe werden ihm gar nicht gerecht…. Weil wir aber nicht aufhören können, von Gott zu reden, muss auch das mit einer gewissen Ironie gegenüber uns selbst geschehen, einem Bewusstsein unserer unzureichenden Möglichkeiten und einem Misstrauen angesichts unserer gemischten Motive und theologischen Machtspielchen.

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